Hier die Kurzfassung: In der letzten Gemeinderatssitzung stellte die ÖVP einen Antrag, einen Mietvertrag mit dem Errichter des "betreuten Wohnens“ abzuschließen, damit die Gemeinde den Bahnhof in Zukunft nutzen kann. Ein Nutzungskonzept für den Bahnhof wurde nicht vorgelegt, doch dürfte wohl eine Untervermietung geplant sein. Ohne Nutzungskonzept bleiben auch die Kosten, die die Gemeinde letztlich zu tragen hat, im Dunklen. Zwei Punkte stören uns NEOS daran:
Erstens es ist nicht akzeptabel, dass der Gemeinderat einem Mietvertrag zustimmen soll, ohne zu wissen, wofür das angemietete Objekt benötigt wird.
Zweitens ist die gewählte Konstruktion alles andere als transparent. Eine Weitervermietung kann nach Ansicht von mit dem Immobilienmarkt vertrauten Personen nur zu einem geringeren Mietbetrag erfolgen als die Gemeinde an den Errichter des „betreuten Wohnens“ bezahlt. Die Differenz ist quasi als versteckte Förderung an den zukünftigen Nutzer zu werten - ohne dass das besonders auffällt.
So wie die Regelung jetzt getroffen werden soll, lassen sich die Kosten für den Bahnhof, die wir als Gemeinde zu tragen haben, in der Grauzone nur schwer finden. Zusätzlich muss sich die Verwaltung um die Untervermietung und alle damit zusammenhängenden Angelegenheiten kümmern. Das schafft unnötige Doppelstrukturen zur Perchtoldsdorfer Immobilien Ges.m.b.H. (PIG), die für genau solche Zwecke existiert, und verursacht somit Kosten – insbesondere da Bedienstete einer Gemeindeverwaltung keine Experten in Sachen Vermietung sind.
Wenn man sich die Sache im Detail anschaut, wird es noch spannender. Aber dazu muss ich ein wenig ausholen. Wie kam es überhaupt dazu, dass die Gemeinde dieses historische Perchtoldsdorfer Gebäude jetzt zurückmieten muss?
Es begann 2016. Da beschloss die Gemeinde den Ankauf des Areals des Bahnhofs Perchtoldsdorf an der Kaltenleutgebner Bahn samt dem denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude. Käufer war damals die Perchtoldsdorfer Immobilien GmbH. Um das „betreute Wohnen“ errichten zu können, wurde 2018 ein Baurechtsvertrag mit dem Errichter des „betreuten Wohnens“ abgeschlossen. Davon, dass der Bahnhof im Zuge dieses Projekts vom Bauträger revitalisiert werden soll, liest sich in dem damaligen Antrag kein Sterbenswörtchen. Das wurde erst mit einem zweiten, späteren Gemeinderatsbeschluss so vereinbart.
Jetzt ist alles fertig renoviert und da der Bahnhof offensichtlich für ein betreutes Wohnen nicht geeignet ist, will ihn der Errichter loswerden und vermietet ihn eben an die Gemeinde. Die Gemeinde wird das Objekt dann wohl untervermieten. An wen und zu welchem Preis – darüber kann man derzeit nur Mutmaßungen anstellen. Die ganze Sache erinnert an ein Sale-and-Lease-Back-Geschäft. Das bedeutet, dass man etwas, das man an sich benötigt, verkauft, weil man finanziell klamm ist, und es anschließend zurückmietet. Schaut nach einer guten Idee aus, kommt insgesamt aber so gut wie immer teurer, denn Investoren machen das ja nicht umsonst. Im konkreten Fall hat die gemeindeeigene Immobiliengesellschaft einem Bauträger ein Baurecht eingeräumt, das mit der Verpflichtung zur Renovierung des Bahnhofes verknüpft war. Somit braucht die Gemeinde die Revitalisierung nicht aus dem Budget zu finanzieren. Ist doch wirklich schlau, oder? Ja, wäre es, wenn da jetzt nicht der Mietvertrag zwischen der Marktgemeinde und dem Bauträger abzuschließen wäre. Und der soll nicht zu Marktpreisen abgeschlossen werden, sondern zu für den Bauträger kostendeckenden Preisen. Dazu hat sich die Gemeinde damals 2018 verpflichtet. Letztlich zahlt also doch die Gemeinde für die Revitalisierung des Bahnhofs. Aber eben nicht auf einmal sondern scheibchenweise über viele Jahre.
Da stellt sich schon die Frage, warum man das Areal des Bahnhofs nicht seinerzeit gleich vom Baurecht ausgenommen und den Bahnhof als Gemeinde selber revitalisiert hat. Auch hätten wir NEOS lieber gesehen, wenn der Mietvertrag zwischen dem Wohnbauträger und der Perchtoldsdorfer Immobilien GmbH abgeschlossen worden wäre, die für genau solche Zwecke existiert und die ja auch das Baurecht vergeben hat. Bei Bedarf könnte die Gemeinde etwaige Untermieter offen subventionieren. Das wäre transparent und würde eine sachliche Diskussion ermöglichen.
Unserem Antrag, das alles in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats zu behandeln, wurde wie zu erwarten war, nicht stattgegeben. Auch wenn man noch so gute und ehrliche Absichten unterstellt: einem solchen Antrag kann man einfach nicht zustimmen. Ohne zu wissen, für welche Zwecke das Gebäude von der Gemeinde angemietet wird und welche Kosten letztlich für die Gemeinde entstehen, kann man nicht guten Gewissens dafür sein.
Fazit: wieder einmal ist gut gemeint nicht gut gemacht. Warum hat man wohl eine so komplizierte Konstruktion gewählt? Was denken Sie?
Tony Platt ist Budgetsprecher der NEOS in Perchtoldsdorf.