Der Süden Wiens ist zum Teil einer Metropolregion geworden und diese Entwicklung setzt sich weiter fort. Das mag man persönlich gut oder schlecht finden, wegleugnen lässt sich dieses Faktum jedenfalls nicht. Wenn man sich umschaut, wie andere Metropolregionen Europas ihre Verkehrsprobleme lösen, erkennt man, dass attraktive und leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel, die das Zentrum mit dem Umland verbinden, ein unverzichtbares Element dafür sind.
In der Metropolregion Wien mangelt es an solchen Verbindungen - dank der von Rot und Schwarz seit 75 Jahren mit parteipolitischen Scheuklappen betriebenen Verkehrspolitik, die sich an Bundesländergrenzen anstatt an überregionalen raumplanerischen Überlegungen orientiert. Erst seit ganz kurzer Zeit bewegt sich zaghaft etwas in die richtige Richtung, damit dieser Mangel endlich behoben wird. Für uns NEOS stellt sich daher nicht die Frage, ob der vierspurige Ausbau der Südbahn sinnvoll ist oder nicht. Angesichts des ökologischen Wahnsinns des Ausbaus der Südautobahn inklusive Lärmschutzbauten in der Region, der den allmorgendlichen Mega-Stau nicht verhindern kann, braucht man nicht allzu „grün“ zu sein, um zu erkennen, dass die Pendlerproblematik nach einer anderen Lösung verlangt. Stur gegen das Projekt zu sein, ist Zeichen einer egoistischen, nur auf den eigenen Kirchturm fokussierten Politik, die die Fakten ignoriert.
Welche Forderungen stellen die Perchtoldsdorfer NEOS an das Projekt?
Unsere Hauptforderung ist, dass der vierspurige Ausbau der Südbahn als Chance genutzt wird, endlich eine wirklich attraktive öffentliche Verbindung nach Wien für alle Ortsteile anzubieten. Das bedeutet:
- deutliche Erhöhung der Taktfrequenz, auch zu den Tagesrandzeiten;
- getaktete Zubringerlinien aus dem gesamten Ortsgebiet und den umliegenden Gemeinden zu den Stationen;
- ein Tarifkonzept, das sich nicht an Bundesländergrenzen orientiert.
Das vorgestellte Konzept sieht vor, dass zwischen Liesing und Mödling bis zu 14 Verbindungen pro Stunde angeboten werden. Das bedeutet, dass fast alle 4 Minuten ein Zug fährt. Allerdings sollen maximal 6 davon in Perchtoldsdorf stehen bleiben. Das sind kaum mehr als das derzeitige Angebot. Hier muss deutlich nachgebessert werden!
Die Haltestelle Perchtoldsdorf und der Bahnhof Liesing sowie die geplante neue Haltestelle müssen von allen Ortsteilen und den Nachbargemeindenaus, also auch vom Tirolerhof und z.B. von Gießhübl rasch und bequem öffentlich erreichbar sein. Ein Ausbau der Park&Ride Anlagen kann nicht die Lösung sein, denn das zieht nur mehr Autoverkehr in die jetzt schon überlastete Mühlgasse und erfordert weitere Bodenversiegelung.Das gilt sinngemäß auch für die geplante Anlage bei der neuen Haltestelle Europaring.
Die Tarife in der Metropolregion Wien müssen endlich so gestaltet werden, dass eine 800m lange Bahnfahrt von Perchtoldsdorf nach Liesing nicht genau so viel kostet wie die Durchquerung von ganz Wien. Auch das ist eine weitere Voraussetzung dafür, dass Pendler_innen das Auto freiwillig stehen lassen und auf Öffis umsteigen.
Lärmschutz ist der Schlüsselfaktor dafür, dass das Projekt in der Bevölkerung akzeptiert wird. Dabei wird es nicht genügen, die gesetzlichen Anforderungen gerade einmal zu erfüllen. Nicht nur die unmittelbaren Anrainer fordern zu Recht Lärmschutz nach dem neuesten Stand der Technik. Das gilt für den gesamten Ort. Wir fordern, dass die ÖBB internationale best practice Beispiele vorstellen und sich bei der Planung daran orientieren.
Hier orten wir derzeit noch viel zu wenig Sensibilität und Bereitschaft bei den ÖBB, das Thema ernsthaft anzugehen. In der Informationsveranstaltung im Frühjahr wurde das Thema geradezu stiefmütterlich behandelt und auch auf Nachfrage erhielten NEOS keine befriedigenden Antworten. Wir fordern, dass die Lärmmessungen, die für die Planung erforderlich sind, bei allen Wetterlagen und in allen Ortsteilen erfolgen – nicht nur in der unmittelbaren Umgebung der Strecke – und sich an Lärmspitzen und nicht Durchschnittswerten orientieren, welche verkehrsarme Zeiten mit einbeziehen. Besser als Lärm einzudämmen ist es, ihn erst gar nicht entstehen zu lassen. Darum fordern wir, dass ein möglichst leiser Betrieb durch entsprechende Planung und Ausführung des Oberbaus gewährleistet wird. Auch beim rollenden Material darf nicht gespart werden – wer einmal in die Schweiz blickt, erlebt, wie flüsternd Züge heute unterwegs sein können.
Verbesserung der bestehenden und Schaffung neuer Querungsmöglichkeiten im Ortsgebiet. Heute „teilt“ die Südbahn unseren Ort. Zusätzliche Querungsmöglichkeit für Fußgänger_innen und Radfahrer_innen im Bereich Aspetten und beim Wirtschaftshof sind Chancen, die Mobilität im Ort zu verbessern. Die Neuplanung der bestehenden Brücke in der Mühlgasse ist die große planerische Herausforderung im Perchtoldsdorfer Ortsgebiet. Wir erwarten uns, dass hier verschiedene Optionen – von der einfachen Verbreiterung bis zur Unterführung – durchgedacht und diskutiert werden. Perchtoldsdorf darf nicht darauf vergessen, auch finanzielle Forderungen zu erheben. NEOS fordern, dass die Finanzierung der neuen Brücke keinesfalls von Perchtoldsdorf alleine geschultert werden darf und dass ein Ersatz der Kosten für den erst vor wenigen Jahren erfolgten Neubau eingefordert wird. Denn durch den Ausbau kann die bestehende Brücke und die dafür errichteten Verkehrsanlagen nur wesentlich kürzer als geplant genutzt werden.
Es ist uns NEOS sehr wohl bewusst, dass sich einige unserer Forderungen nicht an die „ÖBB Infrastruktur“ richten. Wir betrachten das Projekt ganz bewusst als umfassende Aufgabenstellung. Denn damit das Projekt erfolgreich auf die Schiene kommt, braucht es mehr als nur Gleise. Der Infofolder der ÖBB sieht das auch so und spricht zu Recht die Takt-Thematik etc. an.
Bitte an die Verantwortlichen in der (Landes- und) Gemeindepolitik: fühlt Euch angesprochen, hier liegen viele Gestaltungsmöglichkeiten bei Euch!
Ja, wir NEOS bekennen uns zum Projekt. Das heißt aber nicht, dass wir der Planung kritiklos gegenüberstehen. Wenn Akzeptanz für das Projekt geschaffen werden soll, gilt: Das Projekt muss so gestaltet werden, dass möglichst viele Vorteile für Perchtoldsdorf daraus entstehen und dass die Belastungen für unseren Ort beim Bau und im Betrieb so gering wie möglich gehalten werden. Sich nur auf die gesetzlich geforderten Mindeststandards zu berufen, wird wohl nicht ausreichen.