In aller Kürze bleibt für uns vor allem der bittere Nachgeschmack, dass im Behördenweg unsauber oder sogar juristisch unkorrekt gearbeitet wurde, die nicht zukunfts-fitten Bauvorschriften und der etwas seltsam anmutende Zugang der Bürgerliste zur persönlichen Freiheit.
1. Ist das Projekt juristisch korrekt eingereicht und bewilligt worden?
Der Vorwürfe der Bürgerliste gegenüber dem Projekt beziehen sich vor allem auf die Art der Baubewilligung, die Größe der Wohnungen, die „fehlenden“ Stellplätze und die Verdichtung des Wohnraums. Das Projekt wurde als „Heim“ eingereicht und bewilligt, wenn man also von der geplanten Nutzung „Hotels, Pensionen und sonstige Beherbergungsstätten“ ausgeht ist pro fünf Betten und Gebäudeteil ein Abstellplatz zu bauen. Das heißt, dass hier fünf Abstellplätze zu bauen sind. Der Bauwerber hat vier Abstellplätze, die als E-Tankstellen gebaut werden, eingereicht, außerdem soll ein fünfter Stellplatz abgelöst werden. Wohnungen müssen lt. nö. Bauordnung eine Mindestgröße von 18m2 haben, welche hier nicht für alle Einheiten gegeben scheint. Da es sich bei diesem Projekt aber um s.g. Zimmer handelt, die bei einem Beherbergungsbetrieb oder Student_innenwohnheim auch kleiner sein können, besteht auf den ersten Blick keine falsche Bewilligung. Die Fragen, die für uns aber weiterhin offen sind, beziehen sich nicht auf das Projekt an sich, sondern viel mehr auf das Procedere der Baubehörde. Hier stehen Vorwürfe im Raum, die jedenfall kritisch hinterfragt werden müssen: Wurden bei der Bewilligung alle Bauvorschriften berücksichtigt und innerhalb der nö. Bauordnung gearbeitet? Stimmen die Bewilligungsunterlagen und das geplante Projekt überein? Wurde die gfGemeinderätin der Oppositionspartei bewusst außen vorgelassen? All das sind Fragen, denen sich die Baubehörde und somit die politisch verantwortliche Bürgermeisterin stellen werden müssen.
2. Liegen alle Berechtigungen vor, ein solches Projekt zu betreiben?
Die Frage, ob es sich hier um einen zukünftigen Beherbergungsbetrieb, ein Student_innenwohnheim oder eine Wohnhausanlage für Kurzzeitmieter_innen handelt, ist primär nicht Aufgabe der Gemeindeverwaltung, sondern vielmehr der Gewerbebehörden. Es ist aber sehr wohl die Aufgabe der Gemeinde, dass die Baubewilligung und die eigentliche Nutzung des Projekts im Einklang miteinander stehen und das Projekt auch entsprechend betrieben wird. Hier ist daher die Bürgermeisterin am Zug ihren Teil dazu beizutragen, dass diese zwei Teile zusammenpassen.
3. Warum sind innovative Projekte in Perchtoldsdorf so schwer umsetzbar?
Die politisch für uns interessanteste Frage bezieht sich aber gar nicht auf das konkrete Projekt an sich, sondern vielmehr auf die Frage, warum es zu solchen Diskussionen kommt und innovativen Bauprojekten Steine in den Weg gelegt werden. Wollen wir wirklich, dass immer mehr junge Menschen aus Perchtoldsdorf wegziehen, weil sie sich das Wohnen im Ort nicht mehr leisten können? Wollen wir wirklich neue, innovative Wohnprojekte im Vorhinein verhindern? All diese Fragen können wir nur mit einem klaren Nein beantworten. Die Verantwortung dafür liegt bei Bürgermeisterin Kö, die in der Vergangenheit federführend bei der Ausarbeitung der neuen Bauvorschriften war und dabei leider neuen, innovativen Möglichkeiten des Wohnens einen Riegel vorgeschoben hat.
4. Wieso demonstriert die Bürgerliste gegen solche Projekte?
Die Fraktionsobfrau der Perchtoldsdorfer Bürgerliste argumentiert bei Fragen der COVID-Impfung oder einer Maskenpflicht während einer Pandemie gern mit der persönlichen Freiheit und der Möglichkeit seine Entscheidungen selbst zu treffen. Wenn ein Bauunternehmer nun ein neuartiges Projekt in Perchtoldsdorf umsetzen möchte und es Mieter_innen gibt, die in solchen Zimmern leben möchten und es sich leisten wollen, warum zählt hier das Argument der persönlichen Freiheit plötzlich nicht mehr? Kritik am Verfahren oder politischen Versäumnissen oder Behörden-Fehlern zu üben, ist vollkommen berechtigt. Sollte es keine Mieter_innen für das Projekt geben, so ist auch das Ausdruck der persönlichen Freiheit und der angesprochene Unternehmer müsste sich darüber Gedanken machen, wie er mit dem Projekt umgehen möchte. Das ist aus unserer Sicht aber nicht Aufgabe der Gemeinde oder einer politischen Fraktion.
Christoph Müller ist Fraktionsobmann und Sprecher für Ortsentwicklung der NEOS in Perchtoldsdorf.