Nach länger Pause greife ich wieder einmal in die Tasten. Die Pause hat sich einfach ergeben, weil es seit der letzten Gemeinderatsitzung kein wirklich relevantes Thema gegeben hätte. Und meinen Beitrag zum den allgegenwärtigen Wohlfühlpostings wollte ich Ihnen ersparen. Wenn man den Social Media Accounts der Gemeinde und der Frau Bürgermeisterin folgt, die sich oft zum Verwechseln ähnlich anfühlen, könnte man den Eindruck haben, dass alles eitel Wonne, Sommer und Sonnenschein ist. Lauter Wohlfühltermine und Festeröffnungen. Es gibt halt (leider) wenig zu berichten, wo konkret etwas weitergeht. Und damit könnte man diesen Blog auch schon wieder beenden, denn dass in der Gemeinde wenig weitergeht, ist leider nichts Neues.
Aber Gott sei Dank hat Perchtoldsdorf sein Sommerthema gefunden: ÖVP und Grüne planen, die Ambros-Rieder-Gasse im Bereich der Engstelle vor der Wiener Gasse zu verbreitern. Von derzeit 4,5m Fahrbahnbreite auf 7,5m Fahrbahnbreite. Damit, so der zuständige grüne Vizebürgermeister Apl und die ÖVP-Bürgermeisterin Andrea Kö im Chor, „Kinderwagen, Radfahrer und Rollstuhlfahrer“ (sic, denn gegendert soll in NÖ ja nicht mehr werden) neben den täglich rund 2.000 Autos, die dieses Nadelöhr als Abschneider von der Plättenstraße zur Wiener Gasse sicherer benutzen können. Klingt doch überzeugend, oder?
Der reflexhafte Aufschrei der Bürgerliste von Frau Wladyka ließ auch nicht lange auf sich warten. Bekanntermaßen bekämpft die Bürgerliste jede geplante Veränderung im Ort und würde aus Perchtoldsdorf am liebsten ein Museumsdorf machen. Ich glaube, ÖVP und Grüne sind Frau Wladyka insgeheim von Herzen dankbar, dass in ihrem „Enteignung droht“-Geschrei der wahre Skandal, den dieses Vorhaben darstellt, nicht diskutiert wird. Ein grüner Vizebürgermeister spricht sich für eine zusätzliche Versiegelung – nicht anderes bedeutet eine Fahrbahnverbreiterung um 3m – aus und leistet den Plänen der ÖVP, den Flächenfrass weiter voranzutreiben, willfährig Schützenhilfe!
Neue Verkehrsflächen können doch nicht das Mittel der Wahl zur Lösung dieses Problems sein, meinen wir NEOS. Bevor man zu diesem letzten Ausweg greift, muss man alle anderen Optionen auf den Tisch legen und bewerten. Im Konzept Mobil 2030 – sowohl Kö als auch Apl waren im Gemeindevorstand tätig, als das entwickelt wurde – finden sich Lösungen. Bitte nachlesen! Zum Beispiel die Schaffung einer Linksabbiegemöglichkeit von der Donauwörtherstraße in die Wienergasse. Das würde es erlauben, diesen Abschnitt der Ambros-Rieder-Gasse für den Durchzugsverkehr zu sperren und in eine Begegnungszone umzuwandeln. Die vorhandene Fahrbahn dort reicht allemal für die Nutzung durch alle Verkehrsteilnehmer_innen aus und es muss kein einziger Quadratmeter Grünland weichen, geschweige denn enteignet werden.
Warum werden solche Optionen nicht diskutiert, bevor man still und heimlich im Schutz des Sommerlochs versucht, diese, dem Geist des letzten Jahrhunderts entspringende „Lösung“ auf den Weg zu bringen? Wollen sich Apl und Kö vor dem Nachdenk- und Diskussionsprozess über eine zukunftsgerechte Lösung dieses seit vielen Jahren anstehenden Problems ein Jahr vor den nächsten Gemeinderatswahlen drücken, weil sie Angst vor mutigen Entscheidungen haben? Schaut leider so aus. Oder will man lieber keine Optionen prüfen, die vielleicht Interessen von Parteigänger_innen entgegenstehen könnten? Oder ist es einfach die Unwilligkeit, sich komplexen Problemen zu stellen?
Egal, was der wirkliche Grund ist. Wir NEOS treten dafür ein, dass eine Fahrbahnverbreiterung nur die allerletzte Option sein kann, wenn gar nichts anderes hilft. Wir fordern eine gründliche Analyse, welche Optionen es gibt, um die 2.000 Autos täglich, von denen die Rede ist, auf anderen Wegen zur Mühlgasse zu leiten. Erst danach kann entschieden werden, welche dieser Optionen die beste für die betroffenen Anrainer_innen und den Ort insgesamt und – bitte nicht vergessen, liebe Grüne - die Umwelt ist.
Apl behauptet, die Grundlagen von Mobil 2030 hätten sich seit der Erstellung geändert – mag sein. Im konkreten Fall sicher nicht. Denn das Problem war und ist der Durchzugsverkehr von Breitenfurt und Kaltenleutgeben zur Mühlgasse und weiter zur A21 und wieder zurück. Was sich geändert hat, ist, dass der Verkehr zugenommen hat. Dieses Problem werden wir nicht durch eine Verbreiterung der Ambros-Rieder-Gasse lösen. Damit ziehen wir wahrscheinlich sogar mehr Durchzugsverkehr an. Das Problem werden wir auch nicht durch hysterische Aufschreie oder ängstliches Herumlavieren und schon gar nicht mit dem Denken aus dem vorigen Jahrhundert lösen. Was es braucht, ist ein Gesamtkonzept, ein Überwinden der alten Denkmuster und ja, eine Attraktivierung der Anbindung der Wiener Umlandgemeinden an das hochrangige öffentliche Verkehrsnetz in Wien. Denn auch Elektroautos brauchen Platz zum Fahren und Parken.
Was meinen Sie dazu?