Auf Gemeindeebene ist ein Koalitionsabkommen meistens nicht ganz so spektakulär wie auf Bundesebene. Denn auf auf Bundesebene müssen doch oft ideologische Gräben überwunden werden, während in der Kommunalpolitik meist einfach die „beste Lösung“, und nicht die liberalste, grünste oder sozialste Lösung gesucht wird.
Mit Spannung haben die NEOS also im Juni, nach der Wiederholung der Gemeinderatswahl, auf den Abschluss der Gespräche zwischen der – bisher mit absoluter Mehrheit regierenden - Bürgermeisterpartei ÖVP und dem neuen Juniorpartner, den Grünen, gewartet. Detail am Rande: Die anderen vier Parteien wurden für eine etwaige Zusammenarbeit offensichtlich nicht einmal in Erwägung gezogen Einen Tag vor der Angelobung wurde das Papier also dann dann unterzeichnet und wir wollten natürlich wissen, welche Schwerpunkte die neue Koalition setzen will. „Das Arbeitsübereinkommen veröffentlichen? Jaja, machen wir eh. Nach der Angelobung.“ Da staunten wir schon mal nicht schlecht.
Als der Bürgermeister in seiner Antrittsrede dann davon sprach, „keine großen Projekte und Vorhaben umsetzen zu können“, und der neue Vize-Bürgermeister von „drei Krisen, die bewältigt werden müssen“, wodurch keine Zeit und keine Ressourcen für andere große Vorhaben da seien, war ich kurz sprachlos. Wenn man schon so mutlos in eine Koalition geht, wie soll das dann enden?
Und genau diese Mutlosigkeit und Politik der kleinen Schritte zieht sich auch durch das Koalitionspapier. Digitalisierungskonzept? Fehlanzeige. Radwegeoffensive mit Zeitplan? Njet. Neue Ideen für die Ortskernbelebung? Nichts zu finden.
Viele kleine Schritte, schwammige Wünsche, oft zusammenhanglose Ideen. Die meisten Punkte hat man so oder so ähnlich schon mal gehört, ohne dass konkret an die Umsetzung herangegangen wurde. Stichwort Radwegekonzept. Ja, es werden viele wichtige Maßnahmen wie ein Mobilitätsleitbild, Ausbau der Kinderbetreuung, oder mehr Bürgerbeteiligung erwähnt, die für unseren Ort wichtig sein werden. Aber werden diese Dinge dann auch wirklich so umgesetzt werden? Und die großen Würfe, ein erkennbarer roter um unseren Ort zukunftsfit zu machen und um die Klimakrise zu bewältigen, die fehlen völlig. Vielleicht kommt da ja noch was, einzig mir fehlt der Glaube.
Fast hätte ich es vergessen – gar nicht wenige Punkte im Koalitionspapier finde ich sehr gut und wichtig. Viele Forderungen der NEOS, die im Gemeinderat in den letzten fünf Jahren brutal niedergestimmt wurden, sind als Lösungsansätze im Koalitionspapier wiederzufinden. NEOS wirkt also! Und damit ergibt sich auch unsere zukünftige Rolle im Gemeinderat: Zukunftsrelevante Themen ansprechen, auf die nur allzugerne vergessen wird, gGute Vorhaben mit vorantreiben, unausgereifte Ideen besser machen. Und selbstverständlich den Verantwortlichen genau auf die Finger schauen. Denn Ideen in einem Koalitionspapier sind die eine Sache, die konkrete Umsetzung die andere. Mit Koalitionsabkommen ist das ja immer so eine Sache.
Christoph Müller ist Europagemeinderat und Fraktionsobmann der NEOS in Perchtoldsdorf.