Der 9. November 1938 steht am Anfang der Ereignisse, die dazu geführt haben, dass Mitbürger_innen immer stärker diskriminiert, mit willkürlichen Verboten und Auflagen bedrängt wurden, bis ihnen jegliche Existenzgrundlage und allzu vielen sogar das Leben genommen wurde. Ideologische Verblendung und das Schüren von Hass haben ihre verheerende Wirkung gezeigt.
Es ist gut, dass sich unser Ort mit der Gedenkstätte im Zellpark seiner Vergangenheit stellt. Mit der neuen Gedenktafel am „Heldenkreuz“ auf dem Friedhof erinnern wir uns seit heuer auch ausdrücklich an alle Opfer des Nationalsozialismuns und der Weltkriege, die dieser Wahnsinn ausgelöst hat. Auch in unserem Ort kam es zu Enteignungen und mehr als 30 Perchtoldsdorfer_innen jüdischer Abstammung fielen dem Naziterror zum Opfer. In der Neustiftgasse 15 befand sich ein Lager für russische Zwangsarbeiter_innen. Ich freue mich, dass wir diesen kleinen, aber wesentlichen Beitrag zur Erinnerungskultur in unserem Ort gemeinsam geleistet haben.
Der 9. November ist ein guter Tag um darüber nachzudenken, wie wir Diskussionen über kontroversielle Themen führen. Bitte nicht falsch verstehen –inhaltliche, mitunter auch scharf geführte Auseinandersetzungen, sind notwendig, um gute Lösungen in einer Demokratie zu erreichen. Aber von den Fakten losgelöste Polemik, persönliche Abwertungen und Verbreitung von „fake news“ führen uns nicht zu Lösungen, sondern bereiten den Boden für Entwicklungen wie im November 1938 auf. Daran kann man diejenigen, die die Spaltung der Gesellschaft zur Förderung der eigenen egoistischen Interessen betreiben und in Kauf nehmen, nicht eindringlich genug erinnern. Und wenn erinnern nicht ausreicht, muss man ihnen entschlossen entgegentreten. Das ist meine persönliche Schlussfolgerung aus den Ereignissen am 9. November 1938.