Heute habe ich von der Bürgermeisterin und dem zuständigen geschäftsführenden Gemeinderat die Zusage erhalten, dass ein Herzensanliegen von mir umgesetzt wird: am „Heldendenkmal“ auf dem Perchtoldsdorfer Friedhof wird eine Gedenktafel für alle Opfer der Kriege und des Nationalsozialismus angebracht. Ich bin darüber wirklich sehr glücklich. Auch wenn es bloß ein kleiner, symbolischer Akt ist – die Absicht und der Gedanke, die dahinterstehen, sind wichtig.
Perchtoldsdorf hat im Vergleich zu anderen Orten und Städten eine lebendige Erinnerungskultur. Im Jahr 2015 wurde im Zellpark eine Gedenkstätte für die im Jahr 1421 ausgelöschte jüdische Gemeinde, an die 1938–1945 im NS Terror-Regime vertriebenen und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger von Perchtoldsdorf sowie an jene Mutigen, die damals unter Lebensgefahr den Verfolgten Schutz gewährten, errichtet.
Ein weiterer Schritt, diese traurige Zeit aufzuarbeiten war ein Gemeinderatsbeschluss im Juni 2021: bis auf den FPÖ-Vertreter stimmten alle Gemeinderät_nnen dem Antrag zu, dass bei Straßen, die nach Personen benannt sind, die eine enge Verbindung zum NS-Regime hatten, Zusatztafeln angebracht werden. Auf diesen Zusatztafeln wird die Biografie der Namensträger_innen unter Hinweis auf die NS-Belastung ausgeführt und damit sichtbar gemacht werden. Die Umsetzung, so hat mir Bürgermeisterin Andrea Kö versichert, wird bald abgeschlossen sein.
Jahrzehntelang haben wir geglaubt, dass unsere Gesellschaft nicht so leicht wieder auf Demagogen und bewusst falsche Propaganda hereinfällt und Hass und Hetze der Vergangenhei angehören. Die Corona-Pandemie hat diese Hoffnungen leider enttäuscht. Wir sehen uns mit „Volkstribunen“ konfrontiert, die dazu aufrufen, Gesundheitspersonal einzuschüchtern oder Schlimmeres. Falsche Propheten, die aus Unkenntnis oder aus Überzeugung, manchmal aber auch einfach aus billiger Hoffnung auf raschen politischen Profit, hanebüchenen Unsinn verbreiten und – sicher oft unbewusst – eine Allianz mit Gruppierungen eingehen, die diesen Gedenktag wohl eher nicht als erforderlich oder begrüßenswert ansehen.
Ich glaube, wir alle sollten diesen Gedenktag nutzen, um uns zu überlegen, ob wir nicht selbst zu dieser Polarisierung beitragen und was wir tun können, um einen kritischen, aber wertschätzenden Dialog zu führen. Ganz egal, wo wir persönlich stehen und was unsere Überzeugungen zum Thema Impfpflicht, Impfung, Lockdown, Maske und wie all die aktuellen Reizwörter heißen, stehen. Viele Argumente der „anderen Seite“ sind durchaus diskussionswürdig und eine gute Diskussion hilft die eigenen Standpunkte kritisch zu hinterfragen. Es geht nicht immer nur darum, den anderen zu überzeugen. Es geht darum, dass wir nie wieder zu einem Punkt gelangen, wo Konzentrationslager, Euthanasie Behinderter oder – vergleichsweise harmlos – wirtschaftliche Vernichtung von „Volksfeinden“ möglich werden.
Tony Platt ist Gemeinderat der NEOS in Perchtoldsdorf.